«Wohnen» – Eine jede und ein jeder ist, ob nun sesshaft, nomadisch, auf der Flucht, behaust oder obdachlos, durch Alltagserfahrung gewissermassen Spezialist*in für diese eng mit dem Leben an sich verbundene Aktivität oder Daseinsform. So breitentauglich sich das anhört, so wenig ausgeprägt ist offenbar auch unter Architekt*innen das Bewusstsein für die theoretisch-anthropologische und philosophisch-geschichtliche oder literarische Auseinandersetzung mit dieser existenziellen Lebensgrundlage und mit damit verbundenen permanenten und ephemeren Bauformen. Aktuelle Fragestellungen zur Verdichtung in Städten auf Grund zunehmender Knappheit erschwinglichen Wohnraums einerseits, jüngst aber auch Anforderungen ans Alltagsleben während einer Pandemie andererseits, tragen zur wiederbelebten Auseinandersetzung mit dem Wohnen bei.

Der Lektürekurs macht einen Schritt zurück vor den unausgesprochenen Konsens und fragt: «Was heißt eigentlich Wohnen?». Eine Auswahl von theoretischen und literarischen Schriften seit der Antike liefert uns Stichworte zu einer Standortbestimmung. Sie dienen außerdem als Grundlage Thesen über das Wohnen aus historischer Perspektive als Alltag zwischen Menschenrecht und Luxus zu formulieren. Zur Reflexion und kritischen Annäherung an Praxis und Theorie des Wohnens dienen uns ausserdem künstlerische Arbeiten des 20. und 21. Jahrhunderts.